Der Entwurf, mit dem eine entsprechende EU-Richtlinie aus dem Jahr 2009 umgesetzt werden soll, sieht für quasi alle (95%) Haushalte eine verpflichtende Einführung dieser Messgeräte bis 2018 vor. Die neuen Geräte ermöglichen Stromversorgern (und vielleicht nicht nur diesen) gewissermaßen eine Live-Beobachtung des Stromverbrauchs der Haushalte. Auch die Energiekunden sollen Zugang zu diesen Daten haben und dadurch ihr Verbrauchsgeschehen besser analysieren können.
Die neuen Messgeräte sollen laut Aussendung des Wirtschaftsministers “mehr Transparenz” und “ein höheres Kosten-Bewusstsein” schaffen und “den Stromkonsumenten das Sparen erleichtern”. Man muss nicht lange suchen, um in den Erläuterungen zum Entwurf auch die üblichen Schlagwörter “Nachhaltigkeit” und “CO2 Einsparung” zu finden. In erster Linie sollen Smart-Meter den Energieanbietern durch flexible Preisgestaltung die Möglichkeit geben, für ein ausgeglichenes Energienetz zu sorgen.
Vielerorts werden Zweifel angemeldet, dass durch die Messgeräte eine nennenswerte Energieersparnis zu erwarten ist. Bei den derzeitigen Energiekosten ist davon auszugehen, dass Haushaltsteilnehmer ja auch jetzt danach trachten, Energie nicht sinnlos zu verbrauchen, um nicht ihre ohnedies bereits prekäre Finanzsituation weiter zu anzuspannen. Es ist mit konventionellen Methoden auch möglich, das Verbrauchsgeschehen selbst zu beurteilen. Dazu bedarf es keiner sogenannten “intelligenten” Messsysteme.
Derzeit bestehen an den Smart-Metern im wesentlichen drei Kritikpunkte:
1) Stabilität, Netzausfälle:
Fachleute befürchten, dass es durch die Einführung einer digitalen Vernetzung der Stromdistribution es zu ähnlichen Ausfällen kommen kann, wie sie derzeit schon bei Internet- und Telekommunikationsversorgern vorkommt, dies aber naturgemäß mit weitreichenderen Folgen.
Smart-Meter sind technisch gesehen nichts anderes als Computer, die den Energieverbrauch messen, und die Energieversorgung abschalten können. Es muss daher von einer ähnlich hohen Verwundbarkeit dieser Geräte wie bei sonstigen vernetzten Computern ausgegangen werden. In anderen Worten, mit den gleichen Mitteln mit denen zu Hause Ihr PC über das Internet lahmgelegt und dessen Daten ausgespäht werden können, kann dies auch mit der Stromversorgung passieren. So könnte eine Schadsoftware in ganzen Regionen das Licht abdrehen.
2) Überwachung
Durch die Live-Verbrauchserfassung in Wohnungen – vorgesehen ist ein viertelstündiges Messintervall – ist es ein leichtes, Verbraucherprofile über das Bewohnerverhalten zu erstellen. Auch wenn viele einwenden mögen, dass es ihnen egal ist, wer jetzt weiß, wann man den Fernseher oder den E-Herd auf- und abdreht, die Missbrauchsmöglichkeiten dieser Daten haben ein erhebliches Potential. Auch so mancher Einbrecher wird sich freuen, an die Informationen heranzukommen. Wenn der Mieter im Urlaub ist, bricht es sich bekanntlich leichter ein.
3) Preismanipulation, Erpressung des Kunden
Man erinnere sich an den Skandal eines großen amerikanischen Stromanbieters, der vor rund 10 Jahren in Kalifornien mit künstlich erzeugten Energieengpässen die Energiepreise in die Höhe gepusht hat. Energieanbieter verfolgen in erster Linie eigene Geschäftsinteressen und das Beispiel USA zeigt, dass der Markt bislang keine ausreichenden Regulative gefunden hat, um Missbräuchen vorzubeugen. Missbräuche sind aber mit Smart-Metern wesentlich einfacher zu bewerkstelligen. Der Bürger liefert sich dem Stromlieferanten wesentlich mehr aus.
Intelligente Stromzähler erlauben Stromanbietern flexible Tarife (eigentlich das Gegenteil, der vom Ministerium angepriesenen Transparenz), die dem konkreten Verhalten der Energiekunden angepasst sind. Das kann, es muss aber kein Vorteil für den Kunden sein, sondern macht diesen hinsichtlich seiner Verbrauchsgewohnheiten gläsern und in der Tarifpolitik zum Opfer des über die Gewohnheiten und Bedürfnisse des Verbrauchers gut informierten Anbieters.
Und die Vorteile? Gibt es wohl auch.
Will man weg von der einseitigen Stromerzeugung durch Großkraftwerke hin zu einer Möglichkeit der Einspeisung eigener, alternativer, kleinerer Energiequellen (zB. Solaranlagen am Dach), benötigt man ein System, das gewährleistet, dass Spitzenschwankungen bei der Einspeisung vermieden werden.
Gleiches gilt für den Verbrauch: Sollte es zB zu einer größeren Verbreitung von Elektroautos kommen, wird der Stromverbrauch an sich zwar nur vergleichsweise gering steigen (Schätzungen gehen von 3% aus), die Lastspitzen könnten sich aber um bis zu 70% erhöhen. Damit diese Spitzen im Verbrauch wie in der Einspeisung (die zu einem völligen Ausfall der Netze führen können) vermieden werden, bedarf es einer Steuerung, die mit Smart-Metern eventuell besser gewährleistet werden kann. Dies soll über die genauen Daten der Strom-Nachfrage der Verbraucher und der Möglichkeit, diese Nachfrage durch variable lastabhängige Tarifstrukturen zu beeinflussen, geschehen.
Wer hat also Recht? Kritiker oder technikgläubige Ökofuturisten? Vielleicht beide. Die Frage ist, ob es notwendig ist, gewissermaßen in vorauseilendem Gehorsam derzeit eine Umstellung zu forcieren, die im aktuell geplanten Ausmaß unnötig erscheint. Das Argument, dass einige europäische Länder offener für die Umstellung auf Smartgrids eintreten, besagt angesichts der auch diesen Ländern fehlenden Erfahrungswerten wenig.
Das einzige was man derzeit mit Sicherheit weiß, ist, dass es ein tolles Geschäft für die Anbieter dieser Messgeräte sein wird.