Mietzins in Geschäftsräumlickeiten in Zeiten von Corona

Gedanken von Dr. Walter Windischbauer (Mieterschutzverband Salzburg)

§ 1104 ABGB, eine bis zum März 2020 weitestgehend unbekannte gesetzliche Regelung, bestimmt sinngemäß folgendes:
Wenn ein gemietetes oder gepachtetes Objekt wegen einer Seuche nicht benutzt werden kann, dann ist kein Miet- oder Pachtzins zu bezahlen.

Seuchen werden hier wie Kriege oder große Überschwemmungen als „außerordentliche Zufälle“ bezeichnet und normiert, dass in derartigen Fällen das Risiko beim Vermieter liegt.
Grundsätzlich ist bekanntlich bei jedem Miet- oder Pachtverhältnis der Vermieter verpflichtet, dem Mieter oder Pächter den Gebrauch der Sache zu überlassen, Mieter oder Pächter schulden im Gegenzug den Zins.
Steht das Objekt – auch ohne irgendein Verschulden – nicht zur Verfügung, dann fällt für diese Dauer die Verpflichtung zur Zinszahlung ebenfalls weg,

Muss daher etwa ein Frisör oder eine Blumenhändlerin im Sinn der Verhinderung der Ausbreitung einer Seuche seine Betriebsstätte schließen, dann entfällt nach meiner Rechtsansicht für den Zeitraum dieser Schließung jedwede Zahlungspflicht. Analog zu § 1096 ABGB betrifft dies wohl sämtliche Mietzinsbestandteile wie anteilige Betriebskosten, Steuern und dgl. so weit, so gut.

Viele Vermieter argumentieren in der derzeit unstrittig für alle schwierigen und außergewöhnlichen Situation aber, dass manche oder gar alle Mieter- oder Pächter/Innen das Objekt zumindest teilweise – trotz behördlicher Sperre- „in Betrieb“ nehmen könnten, neben dem „normalen“ Verkauf würde z.B. ein Online-Verkauf stattfinden, Klienten (z.B. von Psychotherapeut/Inn/en) könnten auch vom Telefon oder vom PC aus beraten/betreut werden, Restaurants könnten ein Lieferservice anbieten, Waren könnten, wenn schon nicht verkauft, dann doch aber dort gelagert werden usw.usf.

Natürlich ist zu beachten, dass gemäß §1105 ABGB dem Mieter nur ein Teil des Mietzinses erlassen wird, wenn er trotz z.B. einer Seuche einen beschränkten Gebrauch der Geschäftsräumlichkeiten behalten kann.

Hier wird allerdings immer auf den jeweiligen Vertragszweck im Mietvertrag abzustellen und zu beachten sein, dass Räumlichkeiten zum Zweck des Betriebes einer Bäckerei zum Zwecke des Verkaufes von Backwaren und nicht zur Lagerung von Nudelwalkern angemietet werden und für die sinnvolle Tätigkeit einer Psychotherapeutin eine angenehme und stressfreie Atmosphäre „auf der Couch“ in ihrer Praxis erforderlich ist und die Verwendung eines PC in der Praxis demgegenüber eine vollkommen untergeordnete Rolle spielt.

Rechtsprechung zu Miet- und Pachtverhältnissen in Zeiten von Corona gibt es klarerweise bisher nicht.

Der Mieterschutzverband empfiehlt, in der derzeitigen Situation, zunächst das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen und jedweden Mietzins, sofern man einen solchen bezahlt, „unter Vorbehalt“ zu bezahlen.

§ 1104 ABGB ist sicherlich eine taugliche Grundlage für die Vorgangsweise des Mieters oder Pächters. Allerdings wird es wohl Jahre dauern, bis es eine gefestigte Judikatur zu den vielen Detailproblemen geben kann.

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